Franz Anton Mesmer

Franz Anton Mesmer (1734 - 1815)

In den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts begründete Franz Anton Mesmer den "animalischen Magnetismus". Nach Mesmers Auffassung wird das gesamte Universum von einer Kraft durchströmt, die er auch "tierischen Magnetismus" oder "Lebensfeuer" nennt und die sich auch im menschlichen Körper befindet. Alle Krankheiten haben dieselbe Ursache, nämlich eine Stockung des Lebensfeuers im Körper des Kranken. Der Magnetiseur, der über ein Übermaß an animalischem Magnetismus verfügt, bringt durch Bestreichen das stockende Lebensfeuer im Körper des Kranken wieder zum Fließen, was von einer "Krise" (krampfhafte Zuckungen, Ausagieren) begleitet ist.

Die Praxis der Hypnose hat sich aus diesem "animalischen" oder "tierischen Magnetismus" Franz Anton Mesmers entwickelt. Dies zeigt sich unter anderem darin, daß bekannte Hypnoseforscher des 19. Jahrunderts durch schaustellerische Darbietungen von Magnetiseuren zu ihren Untersuchungen angeregt wurden und dabei die magnetischen Techniken der Magnetiseure übernahmen. Beispiele dieser Art belegen, daß die modernen hypnotischen Techniken zum großen Teil aus der Tradition des Magnetismus stammen.

Darüberhinaus sieht die moderne Hypnose, die bemüht ist, ihr Vorgehen wissenschaftlich zu begründen, ihren Ursprung im Mesmerismus, weil dieser anstelle der magisch-mythologischen Begründung zum ersten Mal eine (wie wir heute wissen falsche) wissenschaftliche Erklärung für die therapeutische Wirkung von Trancephänomenen gab. Im Vergleich zu einer heutigen hypnosetherapeutischen Praxis nahm sich die Praxis Mesmers eher exotisch und sein Auftreten im Vergleich zu heute theatralisch aus. Eine typische magnetische Sitzung sah etwa folgendermaßen aus: Die Patienten versammelten sich zunächst um das baquet, dem von Mesmer magnetisierten Holzzuber mit Wasser und Eisenspänen. Die zuerst Gekommenen nahmen unmittelbar am baquet Platz, die späteren in den Reihen dahinter. Mesmer war noch nicht anwesend. Durch die tiefverhängten Fenster drang nur gedämpftes Licht in den Raum. Die Geräusche wurden durch schwere Teppiche und Wandvorhänge verschluckt. Niemand sprach. Die an den Wänden hängenden Spiegel gaben die Anwesenden in verwirrender Vielfalt wieder. Auf ein Zeichen von Helfern bildeten die Patienten die magnetische Kette. Die Spannung und Erregung stieg. Dann vernahm man im Nebenraum eine Art Sphärenmusik; Mesmer spielte hier selbst die Glasharmonika. Aber auch Gesang oder Klaviermusik wurde verwendet. Diese Musik erhöhte die Spannung weiter. Plötzlich flackern die Kerzen, eine Tür öffnet sich, und endlich erscheint Mesmer mit ernstem, ruhigen Gesicht, bekleidet mit einem langen violetten Seidenmantel. Er schreitet lansam auf die schweratmende magnetische Kette zu und befragt flüsternd die Kranken nach ihrem Leiden, bestreicht sie und schaut ihnen tief in die Augen. Bald darauf verfällt ein Kranker nach seiner Berührung in die Krise, beginnt zu stöhnen, zu schreien und zu schwitzen. Der Bann des erregen Schweigens ist gebrochen, und die Krise springt auf andere über. Hier windet sich einer in Krämpfen, dort bricht eine Frau in Lachen aus. An anderen Stellen der Kette werden Schreie laut. Die heftigsten Patienten werden in den sogenannten Krisensaal geführt, wo sich Hilfskräfte Mesmers um ihre Beruhigung bemühen. Im baquet-Saal kehrt allmählich wieder Ruhe ein. Einige Kranke bitten Mesmer um eine Verstärkung der magnetischen Wirkung. Andere erklären sich für gesund und danken Mesmer auf Knien

Bild links: Ein Baquet bestand aus einem großen, mit Wasser gefüllten Holzzuber, der Eisenspäne, zerstoßenes Glas und Flaschen enthielt. Auf dieses Material hatte Mesmer seine magnetische Kraft "übertragen", so daß er selbst nicht mehr zugegen sein mußte, um bei seinen Patienten die heilsame Krise zu erzeugen. Es genügte, wenn sich die Patienten um das baquet versammelten und durch Berühren von Eisenstäben oder Seilen, die aus dem baquet führten, die dort "gespeicherte" magnetische Kraft Mesmers aufnahmen. Bei besonders heftigem Ausbruch einer Krise wurden die Patienten von Helfern in das Krisenzimmer getragen. Auf der hier dargestellten Szene sehen wir eine Gruppe von Patienten um das baquet versammelt.

Miniaturportrait von Franz Anton Mesmer, 1809 von Joseph Einsle in Frauenfeld gemalt (Privatbesitz). Mesmer war damals 75 Jahre alt

Bild rechts: Franz Anton Mesmer wurde am 23.5.1734 in Iznang am (heute) deutschen Ufer des Bodensees geboren. Sein Vater war Jäger im Dienste des Fürstbischofs von Konstanz. Der Öffentlichkeit fällt er zu ersten Mal in Wien auf. Nach Abschluß seines medizinischen Studiums hat er hier reich geheiratet, und seine neue "magnetische" Behandlungsweise macht ihn bekannt. Seine Gesellschaften, die auch von der Familie Mozart besucht werden, sind beliebt. Diese Idylle wird jedoch durch einen Skandal um die angebliche Heilung eines blinden Mädchens zerstört. Mesmers Gegner bestreiten die von ihm behauptete zeitweilige Heilung der Blindheit und bezichtigen ihn der Scharlatanerie. Mesmer verläßt Wien und geht 1778 nach Paris, wo er eine große magnetische Praxis einrichtet. Seine Erfolge machen ihn schnell berühmt, die etablierten medizinischenKreise aber sind gegen ihn. Schließlich setzt Ludwig XVI, der französische König, im März 1780 eine Kommission von namhaften Gelehrten ein, die die "magnetischen" Kuren überprüft. Die Kommission befindet, daß die magnetischen Phänomene auf Einbildung beruhen. Die Heilerfolge hingegen werden nicht angezweifelt. Trotz dieses Urteils wächst Mesmers Einfluß unaufhörlich. In verschiedenen französischen Städten bilden sich Vereinigungen, sogenannte "Harmonien", die die Lehre Mesmers anwenden. Die Französische Revolution von 1789 setzt dem langjährigen Pariser Aufenthalt Mesmers, der auch Kontakt zu führenden Vertretern der Französischen Revolution unterhielt, ein Ende. Er verliert sein Vermögen und zieht sich an den Bodensee zurück (u.a. nach Frauenfeld im schweizerischen Kanton Thurgan, nach Konstanz und Meersburg). Hier lebt er zurückgezogen und von der wissenschaftlichen Welt vollkommen vergessen von einer Rente, die ihm der französische Staat zahlt, ist aber doch wohlhabend genug, um sich eine Kutsche mit Pferd, eine Haushälterin und einen Bediensteten halten zu können. Im Alter von 75 Jahren wird er durch den Schweizer Arzt Zugenbühl wiederentdeckt und findet noch einmal die wohlwollende Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Öffentlichkeit. Man bietet ihm die Leitung einer magnetischen Klinik in Berlin an. Er lehnt aber wegen seines Alters ab. Im Haus des heutigen Weinmuseums in Meersburg stirbt er am 5.3.1815. Sein Grab, auf dem ein dreieckiger Marmorstein steht, liegt auf dem Meersburger Friedhof.

Literatur:
1) Tischner, R. (1928)." Franz Anton Mesmer: Leben, Werk und Wirkungen." Muenchen, Verlag der Muenchner Drucke.
2) Ellenberger, H. F. (1973) Die Entdeckung es Unbewußten, Bern: Huber.